Wundertüte Georgia

Eines Tages erleben wir alle diesen Moment: Man denkt, man kennt „seine“ Destination in- und auswendig, aber plötzlich wird man vom Kunden mit Abenteuern überrascht, die man nicht für möglich gehalten hätte. Unsere Kollegin Anja erlebte bei ihrer letzten Reise in den US-Bundesstaat Georgia so einige Oh’s und Ah‘s und hat ihre schönsten Erlebnisse zusammengetragen…

Zugegeben, bisher habe ich meine Zeit in Georgia eher gemütlich wippend im Schaukelstuhl verbracht als laut kreischend an einer Zipline. Aber es gibt für alles ein erstes Mal … Und so begab ich mich auf Abenteuersuche in die Bergregion des Peach States und sollte nicht enttäuscht werden. Was ich auf dieser Reise gelernt habe:

1. Wie anstrengend 425 Stufen sein können…

Wenn man von der Terrasse der Amicalola Lodge den Blick über den Amicalola Falls State Park schweifen lässt, glaubt man kaum, dass sich in diesem endlosen Grün einer der höchsten Wasserfälle im Osten der USA versteckt. Und tatsächlich läuft man von der Lodge nur ein paar Minuten bis zu den Amicalola Falls. Um den 222 Meter hohen Wasserfall in seiner ganzen Pracht bewundern zu können, heißt es für mich: Treppen steigen. 425 hinunter und natürlich wieder zurück. Aber es lohnt sich! Der Blick ins Tal und das Rauschen der Wasserfälle entschädigen für den Muskelkater am nächsten Tag.

2. No guts, no glory…

…sage ich mir, weil ich Höhenangst habe und mich plötzlich an einer Zipline wiederfinde. Das Geschirr ist eingehakt und mir wird klar: Es gibt kein Zurück mehr. Bezeichnenderweise heißt die Zipline-Company Screaming Eagle Aerial Adventures und mindestens genauso laut hallen meine Schreie bei der ersten Übungs-Zipline über den Parkplatz der Amicalola Lodge. Aber es macht Spaß, die Seilbrücken zu erklimmen, von einem Baumgipfel zum anderen zu schweben und sich zusammen mit der Gruppe auf jede noch so kleine Plattform in luftiger Höhe zu quetschen. Und weil Fliegen so schön ist, absolviere ich gleich zwei Canopy Touren mit insgesamt 16 Ziplines und 6 Kletterbrücken. Meine Feuerprobe – die mit 609 Meter längste Zipline – kommt zum Schluss: Anlauf nehmen, von der Plattform und rechts am Baumstamm vorbeispringen, zusammenrollen, Geschwindigkeit aufnehmen, Aussicht genießen und mit den Adlern über das Tal fliegen. Dass zwischen mir und dem Erdboden 76 Meter liegen, habe ich vor lauter Staunen gar nicht mitbekommen.

3. Warum man den Dawsonville Pool Room besuchen sollte…

Das Städtchen Dawsonville nennt sich die Geburtsstätte der Stock Car-Rennen und hat neben Bill Elliott („Awesome Bill from Dawsonville“) zahlreiche NASCAR-Legenden hervorgebracht. Viele Andenken an Bill & Co. lassen sich im Dawsonville Pool Room bestaunen. Der Poolroom ist genau mein Ding: Ein bisschen schräg, die Besucher tragen Jeanslatzhosen und es gibt leckere Bully Burger. Diese sind nach einem früheren Mitarbeiter benannt, denn Bully Thurmond konnte sich selten Bestellungen merken. Ganz egal, wie Kunden ihren Burger bestellten, Bully servierte sie mit dem immer gleichen Belag. Unsere Bedienung merkt sich alle Bestellungen und sorgt für den Lacher des Tages. Auf die Frage, ob man auch einen heißen Tee bestellen kann, entgegnet sie im schönsten Südstaatenslang: „I can put an iced tea in the microwave!“

4. Was Moonshine mit Waschbären zu tun hat…

Wo Stock-Car-Fahrer sind, ist Schnaps nicht weit und tatsächlich gilt Dawsonville als „Moonshine Capital of the World“. In der Dawsonville Moonshine Distillery verkoste ich mich durch diverse Maisschnäpse und freue mich, als mir Master Distiller Rocketman – seinen Namen bekam er, weil er bei der NASA an der Apollo 11-Mision mitarbeitete – ein persönliches Rührstäbchen für meinen Cocktail mit dem schönen Namen „Bangin‘ in the Woods“ (das Hillbilly-Pendant zu „Sex on the Beach“) überreicht. Er benutzt auch eins, damit beim Destillieren der Schnaps geschmeidiger in den Auffangbehälter läuft. Dass das elfenbeinfarbene Stäbchen vom besten Stück eines Waschbären stammt, verrät er zum Glück, BEVOR ich meinen Drink damit umrühre…

5. Dass nicht nur Esel stur sein können…

Eigentlich bin ich kein Pferdemädchen, aber nachdem ich schon in den Blue Ridge Mountains gewandert bin, dachte ich, dass man die Gegend auch gut per Pferd entdecken könnte. Und dann kam Hermann ist Spiel… Als man mir die Zügel der Cappuccino-braunen Schönheit im Pferdestall des Brasstown Valley Resort & Spa in die Hand drückt, habe ich mich schockverliebt. Allerdings stellt sich schnell heraus, dass es Hermann gemütlich mag und statt zu laufen lieber den halben Wald abfrisst. Alle Versuche, ihn auf Spur zu bringen, scheitern. Also schalte ich auch auf stur und ignoriere zusammen mit Hermann die beharrlichen Rufe von Guide Ronny. Denn ganz in Ruhe lässt sich die herrliche Natur am besten genießen.

6. Über den Wolken ist die Freiheit tatsächlich grenzenlos…

Sich morgens um 5 Uhr bei grauem Regenwetter aus dem Bett quälen, um kurze Zeit später den höchsten Berg von Georgia zu erklimmen – ich gebe zu, dass ich nicht sonderlich motiviert war. Der Brasstown Bald ist 1.458 Meter hoch und schon die Wanderung zum Gipfel stellt sich als Vergnügen heraus. Wo wandert man schon unter blühenden Rhododendronbäumen? Das Beste: Auf dem Gipfel scheint die Sonne und ich kann vier Bundesstaaten überblicken, während die Wolken langsam über die Berge gleiten und nur die Gipfel hervorlugen.

7. Ein Bett im Kornfeld…

…kann ruhig frei sein. Ich nehme lieber eins im Wald!

 

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