Industrietourismus vom Allgäu bis über den Atlantik

Was in Montagehallen, Lagerhäusern und Mühlen auf neugierige Besucher wartet! Einem Luftfahrtgiganten gegenüberstehen, in einem Stahlhochofen Industriegeschichte nachspüren, Inspirationsstätten von Tüftlern und Denkern besuchen – Industrietourismus ist mehr als ein Museumsbesuch. Er verbindet vielmehr Menschen mit Geschichte, Dingen und Phänomen am Ort ihrer Entstehung …

Saint-Nazaire an der Atlantikküste Frankreich ist nicht nur einer der bedeutendsten Airbus-Standorte, sondern beherbergt auch einen der wichtigsten Industrie- und Hafenkomplexe in Frankreich.
Airbus in Saint-Nazaire (c) Vincent Bauza

Toulouse, Frankreich: Hinter den Kulissen des weltgrößten Flugzeugherstellers

Die südwestfranzösische Stadt Toulouse ist die europäische Hauptstadt der Luft- und Raumfahrt. Zu den bekanntesten Unternehmen, die sich in der „ville rose“ niedergelassen haben, zählt Airbus, der weltweit größte Flugzeughersteller. Reisende können auf dem Gelände des Airbus-Hauptsitzes im Rahmen von vier verschiedenen Werksführungen tief in die Faszination Flugzeug eintauchen. Zu den Themenführungen zählt die Tour „Die Entdeckung des Airbus“, bei der die Montagehalle des Luftfahrtgiganten A380 bestaunt werden kann. Flugzeugfans können zudem herausfinden, wie ein Testflug abläuft und worauf geachtet werden muss. Liebhaber des jüngsten Zuwachses von Airbus, dem A350, erleben bei der Tour „A350XWB“ wie der Flieger hergestellt wird und erhaschen einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen. Eine weitere Führung bei Airbus in Toulouse widmet sich der Nachhaltigkeit und einem Ausblick auf die Flugzeuge der Zukunft. Die perfekte Ergänzung für alle, die vom Fliegen nicht genug bekommen können: das Museum Aeroscopia. Neben einer Concorde werden auf 7.000 Quadratmetern in einem Hangar in direkter Nachbarschaft von Airbus dutzende weitere legendäre Flugzeuge ausgestellt – von Caravelle über Super Guppy bis hin zur A300B.

Allgäuer Denker und Tüftler nutzen seit Jahrhunderten Pfronten als Inspirationsquelle. So ist die Gemeinde im Ostallgäu auch heute noch für seine „Mächler“ bekannt. Eines der erfolgreichsten Beispiele stellt die Deckel Maho GmbH Pfronten dar.
Deckel Maho GmbH Pfronten (c) DMG MORI

Pfronten, Allgäu: Zu Besuch bei den „Mächlern“ im Weltkonzern Deckel Maho

Allgäuer Denker und Tüftler nutzen seit Jahrhunderten Pfronten als Inspirationsquelle. So ist die Gemeinde im Ostallgäu auch heute noch für seine „Mächler“ bekannt. Eines der erfolgreichsten Beispiele stellt die Deckel Maho GmbH Pfronten dar. Was 1920 mit dem Zusammenschluss von fünf Gründern mit der Reißzeugfabrik Mayer, Hörmann & Cie. GmbH begann, steht heute weltweit für die Pionierarbeit der Feinmechanik. Bereits wenige Jahre nach der Gründung eroberten die Reißzeuge, Pantographen, Planimeter und andere mathematische Instrumente aus Pfronten die globalen Märkte. Heute ist die Deckel Maho GmbH mit rund 1.200 Beschäftigten das größte Lieferwerk des DMG MORI Konzerns und gehört zu den weltweiten Technologieführern unter den Herstellern von Hightech-Fräsmaschinen. Bei einem einstündigen Rundgang erfahren Interessierte alles Wissenswerte über diese bemerkenswerte Geschichte und erhalten einen spannenden Einblick in die hochmoderne Produktion. Die Führung kann bei Pfronten Tourismus online unter www.pfronten.de oder vor Ort im Haus des Gastes gebucht werden.

Alles über das Erbe der Stahlindustrie von Pittsburgh erfährt man bei einer Tour durch den Carrie-Hochofen von Rivers of Steel, etwa 20 Minuten Fahrtzeit außerhalb der Innenstadt.
Carrie Blast Furnaces (c) Rivers of Steel Heritage Corp

Pittsburgh, USA: Industriegeschichte begreifen von stahlgrau zu graffitibunt

„Von Arbeit ganz grau …“, der Grönemeyer-Text über den Ruhrpott würde auch auf die US-Stadt Pittsburgh zutreffen – allerdings nur bis in die 1980er-Jahre. Denn ab da wandelte sich die Stahlmetropole: Alte Industrieflächen wurden zu Outdoorparadiesen entlang der drei Flüsse und eine Freiluft-Museumslandschaft mit viel Graffitikunst und einem Skulpturenpark entstand dort, wo der Rauch der Schornsteine die Luft einst schon mittags verdunkelte. Alles über das Erbe der Stahlindustrie von Pittsburgh erfährt man bei einer Tour durch den Carrie-Hochofen von Rivers of Steel, etwa 20 Minuten Fahrtzeit außerhalb der Innenstadt. Das Industriedenkmal ist nicht künstlich geschönt, die rostigen, aber beeindruckenden Gebäude und Maschinen-Hinterlassenschaften erzählen vom gefährlichen Arbeitsalltag der Stahlkocher. Der Stolz auf den Erfolg wie auch die Traurigkeit des Niedergangs lässt sich auch heute noch mit Händen greifen. Im Herzen der Stadt lässt die Fahrt mit einer der beiden historischen „Inclines“ – Standseilbahnen aus den 1870er-Jahren, welche die Wohngegenden auf dem Mt. Washington mit den Fabriken im Tal verbanden – die Industriegeschichte lebendig werden.

Neben dem Weinbau ist die Kürbiskernöl-Produktion in der Steiermark ein bedeutender Wirtschaftsfaktor mit mehr als 60 Ölmühlen.
Ölmühle Hartlieb (c) Steiermark Tourismus Martin Kubane

Südsteiermark, Österreich: Dem „grünen Gold“ auf der Spur

Neben dem Weinbau ist die Kürbiskernöl-Produktion in der Steiermark ein bedeutender Wirtschaftsfaktor mit mehr als 60 Ölmühlen. Das „Grüne Gold“ ist aus der traditionellen, aber auch modernen Küche nicht mehr wegzudenken. Es veredelt nicht nur den bekannten Käferbohnensalat, sondern wird auch gerne als i-Tüpfelchen in vielen deftigen Gerichten, Mehlspeisen und gar Desserts eingesetzt. Der Steirische Ölkürbis, der „Plutzer“, wird in der Region mit größter Sorgfalt kultiviert und teilweise direkt auf dem Feld verarbeitet. Während der Kürbis gespalten und die schalenlosen Kerne gesammelt werden, landet die Schale als Dünger wieder auf dem Acker. Aus etwa 30 bis 70 Kürbissen entsteht dann anschließend rund ein Liter Öl. Besucher dürfen den Müllern vielerorts über die Schulter schauen und somit einen Einblick in die Produktion gewinnen. Auch die 1898 erbaute Ölmühle Hartlieb in Heimschuh bietet Führungen und Verkostungen an. Hier bestaunen Besucher nicht nur historische Werkzeuge und Geräte, die man einst zur Gewinnung benutze, sondern können die Pressung mit modernen Maschinen auch live verfolgen – und das nussige Öl auch gleich verkosten.

Insgesamt sieben Museen beherbergt das neue Kulturviertel World of Wine in Portos historischem Weinkellerviertel Vila Nova de Gaia.
Wine Experience (c) HILODI – World of Wine

World of Wine, Porto: Eintauchen in die Welt des Weins

Insgesamt sieben Museen beherbergt das neue Kulturviertel World of Wine in Portos historischem Weinkellerviertel Vila Nova de Gaia. Neben portugiesischer Mode, Kultur, Stadtgeschichte und Schokolade wird in den aufwendig renovierten Portweinlagerhäusern auch das namensgebende Thema Wein näher beleuchtet. In der „Wine Experience“ begeben sich Besucher auf eine Entdeckungsreise von der Wurzel über die Rebe bis hin zur Traube und lernen alles über die Ursprünge des Weinbaus, die Vielfalt der portugiesischen Weinregionen sowie die unterschiedlichen Produktionsverfahren. Der „Pink Palace“ hingegen widmet sich ausschließlich und auf unterhaltsame Weise dem Thema Roséwein – fünf Verkostungen inklusive. In mehreren Anfänger- und Expertenworkshops der hauseigenen Weinschule können Weininteressierte außerdem ihr Wissen vertiefen und eine Auswahl edler Tropfen verkosten. So auch im „Chocolate & Port Wine Pairing“-Kurs, in dem das Zusammenspiel von Portwein und Schokolade auf der Agenda steht. In der angrenzenden, über 300 Jahre alten Lodge von Taylor´s Port, eines der bedeutendsten Porthäuser Portugals, erleben die Gäste einen innovativen Museumrundgang von den Anfängen der Portweinbereitung bis zum heutigen Tag.

Von einem kleinen Dorf an der Loire-Mündung zu einem bedeutenden industriellen Standort: Saint-Nazaire an der Atlantikküste Frankreich ist nicht nur einer der bedeutendsten Airbus-Standorte, sondern beherbergt auch einen der wichtigsten Industrie- und Hafenkomplexe in Frankreich.
Saint Nazaire © Vincent Bauza

Saint-Nazaire, Atlantikküste Frankreich: Das Tor zur Welt

Von einem kleinen Dorf an der Loire-Mündung zu einem bedeutenden industriellen Standort: Saint-Nazaire an der Atlantikküste Frankreich ist nicht nur einer der bedeutendsten Airbus-Standorte, sondern beherbergt auch einen der wichtigsten Industrie- und Hafenkomplexe in Frankreich. Mehr als 3.000 Schiffe aus 400 Häfen in der ganzen Welt legen hier jedes Jahr an. Die verschiedenen Terminals – sei es für Kohle, Flüssiggas, Autos, Container oder die Nahrungsmittelindustrie – stehen auf dem Programm einer Hafenführung. Der Hafen ist nicht nur ein wichtiges wirtschaftliches Standbein in der Region, sondern auch für das Leben der Einheimischen von Bedeutung, wird hier doch in den Tausenden von Containern auch alles für den täglichen Gebrauch transportiert. Außerdem spielt der Hafen eine wichtige Rolle für den Energieimport von Flüssiggas und Rohöl – das Flüssiggasterminal ist das größte seiner Art in Europa.

 

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